Dissertationsprojekt Wilde Tiere

Dissertationsprojekt von Sandra Kyewski
"Wilde" Tiere in Rom - Konzepte nicht-heimischer Fauna in der römischen Antike


Die Geschichte von Mensch und wildem, nicht-domestizierten Tier ist untrennbar miteinander verwoben und hat heute, durch die sozio-ethischen Debatten über Wildtierschutz und Auswilderungsprojekte, in der Schweiz eine grosse politische Relevanz. Doch bereits in der römischen Antike spielten Wildtiere eine durchaus bedeutende Rolle im öffentlichen Leben. Schon ihr häufig fremdartiges Aussehen versetzte die Römer in Staunen und verlieh jeglichen öffentlichen und privaten Veranstaltungen ein hohes Mass an Exklusivität. Das vorliegende Dissertationsprojekt untersucht das Verhältnis der römischen Bevölkerung gegenüber dem nicht-domestizierten Wildtier. Im Zentrum dieser Relation steht die Frage nach der grundlegenden Divergenz von Mensch und Tier und nach den unterschiedlichen Auffassungen, welche die Römer in Bezug auf die Funktion und die Bedeutung von Tieren vertraten.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das römische Mensch-Tier-Verhältnis in einigen wenigen Studien antiker Textquellen untersucht. Daraufhin war das Tier lange Zeit nicht mehr Gegenstand der klassisch archäologischen Forschung. Erst seit den 1980er Jahren entwickelt sich mit den von der Soziologie und Philosophieausgehenden Human-Animal- Studies eine neue Forschungsrichtung, die sich transdisziplinär der Fragestellung annimmt. Auch der Blick in die Vergangenheit und die Untersuchung dieser wechselhaften Beziehung in den antiken Kulturen werden zunehmend relevant, und die vorliegende Dissertation will einen Beitrag zu diesem Diskurs für die römische Zeit leisten.

Innovativ an dieser Arbeit ist, dass sie sich der Fragestellung ausgehend von primär ikonographischem Material, d.h. Tierdarstellungen, annimmt. Dabei werden die Befunde, die bisher lediglich unter anthropozentrischen Anhaltspunkten betrachtet wurden, erstmalig im Kontext der Human-Animal-Studies analysiert und ausgewertet. Die Darstellungen sind dabei der Schlüssel zum Verständnis der Mensch-Tier-Beziehung in der Römerzeit. Es lässt sich deutlich ablesen, wie das Tier charakterisiert ist, welche Eigenschaften ihm zukommen und wo es seinen Platz in der römischen Kultur findet. Darüber hinaus stehen die Darstellungen in ihrem jeweiligen Verwendungskontext und ihrer Funktion, was eine zweite Ebene der Interpretation eröffnet. Wie wurden die wilden Tiere von den Römern wahrgenommen? Als exotische Requisiten in der Arena, als luxuriöse ‹Jagdbeute› in Tierpärken und Gärten der Elite oder als Sinnbilder einer kulturellen und religiösen ‹Gegenwelt› am Rande des eigenen Erfahrungshorizontes? Die Dissertation wird darauf eine Antwort geben und somit ein differenziertes Bild der Mensch-Tier-Beziehung in der römischen Antike zeichnen.

Dank der Förderung der FAG befindet sich das Dissertationsprojekt nun in der Abschlussphase. An dieser Stelle möchte ich mich herzlich für das mir entgegengebrachte Vertrauen und die grosszügige Unterstützung bedanken.

Sandra Kyewski