Dissertationsprojekt von Frank Luck, Wie gehen Männer im Alltag mit Gesundheit und Krankheit um?

Welche Zusammenhänge zeigen sich zwischen der Gesundheit von Männern und (tradierten) Männlichkeitsnormen?


Wie gehen Männer im Alltag mit Gesundheit und Krankheit um? Welche Zusammenhänge zeigen sich zwischen der Gesundheit von Männern und (tradierten) Männlichkeitsnormen?
Bisher existieren keine vertieften Forschungen zu diesen Fragen in der Schweiz. Die Dissertation soll durch den Fokus auf das alltägliche Handeln von Männern bezogen auf Gesundheit und Krankheit neue Erkenntnisse und Perspektiven generieren. Ziel ist, diese in Debatten um die gegenwärtige und zukünftige Gesundheitsversorgung unter geschlechtsspezifischen Aspekten einzubringen.

Gesundheit, Krankheit, Geschlecht (‹gender›) und Männlichkeiten (‹masculinities›)
Epidemiologische Daten zur Gesundheit und Krankheit von Männern weisen auf eine gesundheitliche Gefährdung vonMännern hin (Faltermaier, 2007), ohne deren Ursachen ausreichend erklären zu können. Zur Erklärung des Gesundheitshandelns bei Männern wird in den Gesundheitswissenschaften vermehrt auf sozialkonstruktivistische Konzepte von Geschlecht (‹gender›) und Männlichkeiten (‹masculinities›) aus der Geschlechter- bzw. Männlichkeitsforschung zurückgegriffen (Connell, 2015; Broom &Tovey, 2009). Geschlecht wird darin als eine sozial konstituierte und konstituierende Praxis verstanden, die innerhalb einer historisch spezifischen Geschlechterordnung stetig reproduziert wird. ‹Männlichkeit› ist demzufolge keine eindeutige und feststehende Grösse, sondern Effekt eines Herstellungsprozesses. Diese Perspektive wird im Dissertationsprojekt eingenommen, um hier Antworten zu finden.

Im Rahmen der Dissertation sind aufgrund des gewonnenen Datenmaterials drei Themenbereiche weiter vertieft angeschaut und ausgewertet worden. Hierzu gehören neben «Welche Bedeutung hat Sport für Männer?» auch:

«Der Umgang der Väter mit Gesundheit»
Die interviewten Männer beziehen sich immer wieder implizit oder explizit auf ihre Väter. Die Erzählungen zeigen ‹Gesundheit› als ‹männlichen Normalfall›. Es werden zwar gesundheitliche Herausforderungen und Probleme von den Vätern beschrieben, jedoch darf Krankheit nicht die Lebenseinschätzung des Vaters dominieren. Diese Einschätzung betrifft vor allem Fragen der körperlichen Gesundheit. Bei der Beschreibung von gesundheitlichen Problemen und Krankheiten im Umfeld von psychischer Gesundheit zeigen sich andere Aspekte von Vaterschaft und den Auswirkungen auf den Umgang der Söhne mit Gesundheit. Das sehr offene Sprechen über die Väter und über sich als Sohn beinhaltet hier auch Krisenerfahrungen, die zu einem Emanzipationsprozess führen können: zu einem Versuch des ‹Freischwimmens› von der eigenen Geschichte. Erst durch das Verarbeiten der Gesundheits- und Krankheitsbiografie des Vaters eröffnet sich für jene Söhne die Möglichkeit, bisherige Vorstellungen zu Gesundheit, Krankheit und Männlichkeit kritisch zu überprüfen.

«Gesundheitshandeln und Männlichkeitskonstruktionen»
Gesundheit› bzw. ‹Gesundsein› ist für die Interviewpartner kein statischer Begriff, sondern bedeutet eher einen stetigen Prozess. Dabei weisen Gesundheitsvorstellungen sowie Praxen im Alltag Ambivalenzen und Widersprüchlichkeiten auf. Es finden sich zwar Geschichten von ‹heldenhaften› Selbstverständnissen, diese können aber gleichzeitig einhergehen mit einem vulnerablen Verständnis von Männlichkeit. Es findet sich kein durchgängiges Bild eines ‹lonesome cowboy›.Gesundheit ist vielmehr soziale Praxis (vgl. Hanses, 2012) und der konkrete Umgang mit Gesundheit ist Teil veränderter Gesellschaftsbedingungen, indem die Befragten nun Potentiale von ‹Freiheit› und ‹Zwang› thematisieren, sich aktiv um ihre Gesundheit kümmern zu dürfen bzw. zu müssen.

Frank Luck